Anfang Februar meldeten die «Süddeutsche Zeitung» und der Bayerische Rundfunk in seiner Sendung «report München», dass in deutschen Kliniken ein Medikament im sogenannten Off-Label-Use zur Geburtseinleitung verwendet wird. Das Recherchenetzwerk berichtete über gravierende Komplikationen bis hin zu Todesfällen in Zusammenhang mit Misoprostol-Gaben. Obwohl dem Fachpersonal die Problematik des Off-Label-Use seit Jahren bekannt ist, zog der Artikel innerhalb weniger Tage weite Kreise. Elternverbände forderten Konsequenzen, zahlreiche (Chef-)Ärztinnen und (Chef-)Ärzte gaben persönliche Stellungnahmen ab. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sah sich zu einer ausführlichen Pressemitteilung veranlasst. Hierin betont sie, dass Misoprostol als orale Applikation zur Geburtseinleitung entgegen der Berichterstattung in mehr als 80 randomisiert-kontrollierten Studien und als vaginale Applikation in dutzenden randomisiert-kontrollierten Studien untersucht wurde. Der Wirkstoff Misoprostol zur Geburtseinleitung sei bei geburtshilflichen Experten nicht umstritten, weshalb fast alle Perinatalzentren höchster Ordnung diesen Wirkstoff verwendeten. Hierbei werde nicht Cytotec 200 genutzt, sondern ein Misoprostol-Präparat geringerer Dosierung. Der Wirkstoff Misoprostol sei das effektivste Medikament zur Geburtseinleitung und führe v. a. bei der oralen Anwendung zu weniger Kaiserschnitten als andere Medikamente (Dinoproston, Oxytocin). Auch weist die DGGG darauf hin, dass nahezu alle Formen der Geburtseinleitung ähnliche Nebenwirkungen zeigten.
Laut der von Prof. Dr. med. habil. Sven Kehl und Prof. Dr. med. Michael Abou-Dakn verfassten DGGG-Stellungnahme ist aktuelle eine S2k-Leitlinie zur Geburtseinleitung der DGGG, der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Erstellung. Nach Sichtung der Literatur werde die Verwendung von Misoprostol zur Geburtseinleitung in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) im Einklang mit den anderen internationalen Leitlinien empfohlen werden.
Quelle: «Die Hebamme» Nr. 2/2020, S. 7