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Schweizerischen Ärztezeitung
Impfskepsis gelassen betrachtet

Der Schweizerische Impfplan des Bundesamts für Gesundheit (BAG) führt genau auf, welche Impfungen die Bevölkerung ab dem Säuglingsalter erhalten sollte. Mit diesem Plan soll das Individuum ebenso geschützt werden wie das Kollektiv. Die empfohlenen Impfungen gegen Masern, Diphtherie, Tetanus und Co. gelten als wirksam und sicher. Umfragen zufolge sind bis zu 40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer skeptisch gegenüber den behördlichen Impfempfehlungen. Der Infektiologe Philip Tarr, Co-Chefarzt Medizinische Universitätsklinik, Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital Baselland hat das Nationale Forschungsprogramm (NFP74) «Impfskeptische Eltern und Ärzte in der Schweiz» geleitet, um besser zu verstehen, warum manche Menschen den behördlichen Empfehlungen nicht folgen. Die Gründe fürs Nichtimpfen sind vielschichtig, wie der Forscher erklärt: «Manche Eltern vergessen die Impfung einfach, andere sind tatsächlich skeptisch und leiden an einem Überfluss an Informationen, der sie enorm verunsichert. Sie lesen zum Beispiel Bücher oder Online-Beiträge, die das Thema kritisch behandeln, und holen Meinungen von Bekannten und unterschiedlichen Fachpersonen ein.» Philip Tarr wirbt dafür, das Thema Impfskepsis mit einer gewissen Gelassenheit zu betrachten. Die hohen Impfraten liessen das durchaus zu. Laut dem BAG waren in der Erhebungsperiode 2017–2019 schweizweit 94 Prozent der über 16-Jährigen mit zwei Dosen gegen Masern geimpft. Impfskeptische Eltern lassen sich zum grossen Teil also überzeugen. Um künftig noch mehr von ihnen zu erreichen, könnten Schulmedizinerinnen und -mediziner laut Philip Tarr ihre Kommunikation anpassen und dabei von komplementärmedizinischer Seite lernen.

Quelle: Tribüne von Eva Mell in der Schweizerischen Ärztezeitung vom 6. April

 

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