Wegen gehäufter Nachfrage nach Informationen zur Aufbewahrungspflicht von Krankenakten, wird an dieser Stelle ein Auszug aus einem Tarif-News-Mail aus dem Jahre 2020 wiederholt, welche weiterhin Gültigkeit haben:
Zusatz: Die Datenschutzerklärung für die Erhebung von statistischen Daten gehört ebenfalls zu einer Krankenakte und muss dementsprechend aufbewahrt werden (In digitaler oder papierener Form).
Verjährungsfrist bei Personenschäden wird verdoppelt: neues Recht seit 1. Januar 2020
Die neue Verjährungsfrist ist im Obligationenrecht geregelt und betrifft alle Personen der Schweiz, also nicht nur Personen aus dem Gesundheitswesen (Verdoppelung der Verjährungsfrist von 10 auf 20 Jahre für Opfer von Personenschäden, vgl. v. a. Art. 128a OR. und die Mitteilung des Eidgenössischen Justiz und Polizeidepartements.
Worum geht es? Siehe Artikel der «Schweizerischen Ärztezeitung»
Was heisst das für die Hebammen?
Ausgangslage
In der Schweiz existiert keine übersichtliche gesetzliche Regelung zu den Aufbewahrungspflichten. Aufgrund von Änderungen per 2020 drängt sich aber eine Aufbewahrung von Pflegedokumenten über 20 Jahre auf. Derzeit ist noch nicht absehbar, ob und wie die Kantone mit einer eigenen Regelung zur Aufbewahrung von medizinischen Akten auf diese Änderung reagieren werden.
Trotzdem empfiehlt der SHV, die Krankenakten ab sofort während 20 Jahren aufzubewahren.
So können die Betriebe/Einzelleistungserbringer sicherstellen, auch bei einem späten Gerichtsprozess – etwa wegen Forderungen auf Schadenersatz aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung – noch über die hilfreichen Beweismittel zu verfügen. Dies muss besonders für jene Fälle gelten, in denen mit einem Gerichtsprozess zu rechnen ist, also wenn entsprechende Anzeichen einer Unzufriedenheit bei Patientinnen/Patienten oder Angehörigen bestehen.
Zu beachten ist:
Die Aufbewahrung kann nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bei Erfüllung der nachstehenden Kriterien auch rein elektronisch erfolgen, ohne die Originale zu behalten:
- Es sind möglichst alle als Beweismittel dienlichen Dokumente aufzubewahren (also sinnvollerweise zu kopieren/scannen, bevor sie ausgehändigt/vernichtet werden).
- Der Datenschutz ist zu gewährleisten (namentlich keine Einsichtsmöglichkeit für Unberechtigte und keine Aufbewahrung nicht notwendiger Unterlagen mit höchstpersönlichen Daten).
- Zur Verwendung als Beweismittel sollten die Dokumente auf Papier reproduziert werden können (auch nach allenfalls 20 Jahren noch).
Derzeit muss somit jede Hebamme für sich entscheiden, wie viel Aufwand und Kosten sie für die verlängerte Aufbewahrung aller Krankenakten für neu 20 Jahre betreiben will.
Dies gilt es abzuklären:
Jede Hebamme soll mit ihrer Haftpflichtversicherung kurz Kontakt aufnehmen, sich die schriftliche Zusicherung geben lassen, dass die neue rechtliche Situation vom Versicherungsschutz gedeckt ist, und abklären, wie die Jahre über die Berufsaufgabe hinaus geregelt sind.
Für Mitglieder, die ihre Berufshaftpflichtversicherung via SHV-Rahmenvertrag mit der Zurich Versicherung abgeschlossen haben:Die Zurich Versicherung hat dem SHV zurückgemeldet, dass sich alle Versicherungen bei der Zurich jeweils nach den gesetzlichen Fristen richten. D. h., dass Hebammen mit einem Vertrag bei der Zurich Versicherung keine Rückfragen zu dieser Thematik machen müssen.
Die Versicherung ist immer unter der Bedingung zuständig, dass der Schaden, der gemeldet wird, in die Zeitspanne fällt, wo die Hebamme bei der betroffenen Versicherungsgesellschaft versichert war und die Police bezahlt hat. Es kann also jemand mit 80 Jahren verklagt werden wegen einem Fall, der vor 20 Jahren passiert ist. Solange damals die Police bezahlt war, ist die Versicherung zuständig und muss handeln, obwohl man selber die Police Jahre später bei Berufsaufgabe gekündigt hat.
Online Archivierung von Krankenakten in der Cloud von Gammadia SA (Software «Mooncare»)
Hebammen, welche mit Gannadia SA einen Vertrag haben und die online Dossiers als digitale Ablage für komplette Krankenakten nutzen, haben laut Gammadia SA auch nach der Berufsaufgabe sicheren Zugriff auf alle Dossiers.
Derzeit muss somit jede Hebamme für sich entscheiden, wie viel Aufwand und Kosten sie für die verlängerte Aufbewahrung aller Krankenakten für neu 20 Jahre betreiben will und ob sie zusätzlich zur digitalen Ablage die Originale in papier- oder digitaler Form (USB-Stick, externes Laufwerk immer nach neustem Stand der Technik) lagern möchte.